Samstag, 15. September 2012

Lernen auf der Kronenwiese

Letzten Sonntag organisierte das GZ Schindlergut ein Spielfest unter dem Motto "Spiele der Welt". Zu Besuch war auch die Bewegungsbaustelle - eingeklemmt zwischen Geschichtenzelt, afghanischer Pizza und Komposthaufen. Kleine und grosse Gäste hatte ich trotzdem, welche vor allem auch das erste Mal die Bobinen (Kabelrollen) und Röhren (Drainageröhren) ausprobieren konnten. Die Bauten stiegen diesmal vor allem bei den älteren Kindern in wacklige Höhen und standen dem nahen Prime Tower (wenigstens in der Höhe) in nichts nach.

Die Höhe und das Wacklige sind genau auch der Grund wieso die Bewegungsbaustelle bei den Kindern und Jugendlichen so gut ankommt: "Schaffe ich das?", "Kann ich noch einen Reifen drauflegen?", "Jetzt müssen wir noch höher kommen!". Aber wohl auch der Grund, wo Eltern regelmässig reagieren und eingreifen: "Dieser Aufbau ist aber schon gefährlich?", "Komm, ich halte dich!", "Schau, das ist nichts für dich, du bist noch zu jung!". Diese berechtigte Sorge um das Wohl des Kindes, kreuzt sich mit den Ideen der Bewegungsbaustelle, sowie anderen Studien und Merkblättern, auf eigenständiges Bewegungsausprobieren. Als Betreiber der Bewegungsbaustelle ist es mir ein gewichtiges Anliegen, damit in der Sicherheit und Unfallprävention einen Beitrag zu leisten.

Aus meiner Erfahrung funktioniert die Bewegungsbaustelle am besten, wenn die Kinder sie selber ausprobieren dürfen. Kinder erkennen bestens, wie weit sie ihre Grenzen ausloten können und wo sie besser noch auf eine nächste Gelegenheit warten sollen. Eltern und Aufsichtspersonen halten sich zurück, solange Anleitung und Hilfe nicht explizit angefragt wird oder probieren und bauen als Vorbild selber etwas. Bis jetzt musste ich die Kinder eigentlich nie anleiten, sondern eher ermuntern, "doch, ihr dürft alles verändern". Kinder entwickeln in der kurzen Zeit auf der Bewegungsbaustelle zuerst ein Gefühl für Bewegung und Material mit dem Bestehenden; dann ergründen sie über Umbau und Umschichten des Materials Neues und Unbekanntes. Ein Zeichen für eine gut laufende Bewegungsbaustelle ist denn auch, wenn sich keine Eltern/Aufsichtpersonen darin aufhalten. Mehr von diesen schönen Momenten zu erleben, ist ein Ziel von mir. Und die Frage dreht sich dabei eher darum, mit welcher Haltung Eltern und Aufsichtspersonen den Kindern auf der Bewegungsbaustelle begegnen sollen.

Für dieses Mal, kann ich sagen, dass die Kinder bestimmt etwas gelernt haben, und kleine und grosse Erfolge gefeiert haben. Was die Eltern gelernt und in ihren Kindern Neues entdeckt haben, kann ich (bis jetzt) nur vermuten. Ich selber habe auch viel gelernt. Einen Punkt möchte ich fürs nächste Mal konkret einbringen, nämlich die Sicherheit noch stärker in den Mittelpunkt zu stellen: Eltern persönlich einführen, Flyer für Eltern erstellen, Kinderzone spielerisch und visuell bezeichnen, genügend Platz bzw. weniger Material zur Verfügung stellen, eine Altersbegrenzung von 3-10 Jahren einführen.

Ich freue mich bereits auf die nächste Bewegungsbaustelle, die nächste Spielerfahrung und den nächsten Lernerfolg. Gemeinsam mit Eltern und Kindern.


Vorschlag zum Flyer "Aufsichtspersonen/Eltern und Bewegungsbaustelle"
Die Bewegungsbaustelle soll Kindern in einem geschützten Rahmen Bewegungsraum und -zeit schaffen. Sie fördert so die Grobmotorik bei Kindern und möchte einen Beitrag zur altergerechten Unfallprävention leisten.

Was kann ihr Kind durch die Bewegugnsbaustelle lernen:
- Initative ergreifen, Handlungsalternativen erkennen und Beharrlichkeit entwickeln
- an eigene Grenzen gehen, Risiko einschätzen, Herausforderungen suchen, Körpergefühl weiter schärfen
- Kooperieren, Hilfe anfordern, Sozialverhalten aufbauen
- Bau- und Designerfahrungen kennenlernen

Was macht die Bewegungsbaustelle in Bezug auf Sicherheit:
- das einzelne Material ist genügend stabil für Kinder, die Kinder schätzen die Materialien robust ein
- alle Materialien sind geschliffen und imprägniert
- kaputte Sachen haben nichts auf der Bewegungsbaustelle zu suchen
- genügend Platz vorhanden
- Kinder haben (feste) Schuhe an
- noch keine (schweren) Verletzungen erlebt

Wie sehen Kinder die Bewegungsbaustelle:
- Welche Sicherheitsvorstellungen haben sie als Eltern, welche ihr Kind?
- Wann hat ihr Kind Erfolg, wie reagiert ihr Kind auf Erfolg?
- Wie reagiert ihr Kind auf einen Sturz?
- Wie reagiert ihr Kind, wenn es auf Anhieb etwas nicht schafft?
- Welche Heraufsforderungen sucht ihr Kind momentan, woran versucht es sich?
- Neben all den Risiken, welche Chancen sehen sie für sich selbst, welche für ihr Kind?

Wie verhalte ich mich am besten als Eltern/Aufsichtsperson gegenüber Kindern auf der Bewegungsbaustelle:
- möglichst ohne Eingriff von Eltern/Aufsichtspersonen - die Kinder erkennen meistens am besten wie hoch/weit/wacklig sie gehen wollen
- Aufsichtspersonen/Eltern sind anbei, um Hilfestellung auf Anfrage zu geben, um Erfolge mitzuteilen und behutsam zu motivieren
- Eltern sollen als Vorbild dienen - mitmachen, anleiten, ausprobieren
- Pausen sind wichtig, dazu gibts aber andere Orte als die Bewegungsbaustelle


Zum Weiterlesen:
- "Zwischen Sicherheit und Risiko", Bundesamt für Unfälle : http://www.bfu.ch/PDFLib/1734_105.pdf
- "Messlatte zur Sturzpräventation", BAG Mehr Sicherheit für Kinder: http://www.kindersicherheit.de/html/massband-flash.html (v.a. Alter 3-10 Jahre)
- "Sicherheit", bewegungsbaustelle.eu: http://www.bewegungsbaustelle.eu/sicherheit.htm



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